Berlin – Für viele angehende Ärzte war es der erste Kongress
im Leben: Knapp 200 Studenten trafen sich kurz vor ihrem letzten Staatsexamen
für 2 Tage in der Hauptstadt um sich auf die mündlichen Prüfungen zum Arzt mit
Bravour vorzubereiten. Die Berufsverbände der Deutschen Chirurgen (BDC) und
Internisten (BDI) hatten zum Nachwuchs-Kongress „Staatsexamen & Karriere“
eingeladen. Ihnen geht es neben der Prüfungsvorbereitung vor allem darum, die
jungen Menschen für eine Karriere als Chirurg oder Internist zu
begeistern.
Bei Anna (29), die in Riga studiert, war das gar nicht mehr
nötig: „Ich gehe auf jeden Fall in die Viszeralchirurgie. Abdominale Chirurgie
interessiert mich sehr. Später kann ich mir sogar mal eine eigene Praxis
vorstellen.“ Anders bei Jenny (23) aus München: „Ich warte erstmal aufs
Praktische Jahr. Wenn ich da ein bisschen rumkomme, kann ich besser einschätzen
was mir gefällt und wo ich gut bin.“ Beide üben zwischen den Vorträgen schon
mal fleißig im Naht- und Knotenkurs.
„Nicht zwischen die Pinzetten kommen, da kriegt ihr einen mörderischen
Stromschlag“, sagt Martin Winn, Medizinprodukteberater bei Covidien und zuständig
für Elektrochirurgie und Ultraschall. Für eine halbe Stunde sind Andrea (24)
aus Aachen und Constanze (25) aus Göttingen „seine“ Studentinnen. Ganz
konzentriert beugen sie sich über ihr Schweineschnitzel und lernen etwas über
die Schnitt- und Versiegelungszone. Der verbrannte Geruch interessiert hier
längst niemanden mehr – da sind sie schon Profis. Während Andrea mit dem Gerät
ins rote Fleisch fährt, erzählt sie: „Ich möchte auf jeden Fall Chirurgin
werden. Nur das Gebiet steht noch nicht fest.“
Ob Elektrochirurgie, Sonografie, Laparoskopie: viele
Medizintechnik-Firmen unterstützen den Kongress immer wieder großzügig mit
Personal, Geräten, Material. Nur so ist gewährleistet, dass die Studenten von
Anfang an mit neuester Technik präzise in allen Bereichen trainieren können.
Einen Stock tiefer übt Nicole (25) aus Rostock in der
Sonografie. Mit dem Ultraschallkopf fährt sie gekonnt über den Bauch ihrer
Freundin. „Ich suche gerade die Niere“, sagt sie. Und: „Die linke Niere ist
halt schwerer zu finden, weil die Milz sie überdeckt“. Es folgen noch
Leberarterie, Magen und Bauchspeicheldrüse, ehe die angehende Ärztin uns
verrät: „Bei mir steht alles felsenfest – ich arbeite später in der
internistischen Kinderheilkunde!“ Ihre Kommilitonin für einen Tag, Karoline
(25) aus München, geht in die Chirurgie, sagt: „Es wird die Unfall-,
orthopädische oder Rekonstruktionschirurgie.“
Am vollsten ist der Saal beim Thema „Prüfungsstrategien und
mündliche Präsentation“. Für alle, die jetzt im Oktober mit ihrem Staatsexamen
„dran sind“ ist das natürlich ein Muss. Ob Vorbereitung auf die Prüfungen,
Videositzungen oder internistische und chirurgische Grundlagen – die
Vortragenden sind nicht nur Profis, sondern stecken auch ihr Herzblut in die
Ausbildung des Nachwuchses. Kein Wunder also, dass einige von ihnen sogar noch
abends bei der Cocktailparty mit den Studenten plaudern und sich Löcher in den
Bauch fragen lassen… .
In der Laparoskopie treffen wir dann noch Vanessa. Die 25-Jährige
hat ihren Job schon vor dem Examen in der Tasche. „Das PJ habe ich fertig. Mein
schriftliches Staatsexamen ist vom 7. bis 9. Oktober, das mündliche am 21. und
22. Oktober. Ab 1. Januar fange ich schon als Assistenzärztin in der
Viszeralchirurgie in Stendal an.“ Als 25-Jährige – so früh? „Ja, ich habe
gleich nach dem Abi losgelegt. Und eigentlich wollte ich auf keinen Fall in die
Chirurgie. Ich habe immer gedacht, man hat da keinen Kontakt zu den Patienten,
weil die nur betäubt auf dem Tisch liegen. Doch das ist ja gar nicht so. Ich
muss viel aufklären, erläutern, in Gesprächen die Ängste nehmen. Und dann hat
mir das Handwerkliche auch noch so viel Spaß gemacht.“ Und die Arbeitszeiten?
„Klar wird mal die eine oder andere Überstunde anfallen. Aber Familie möchte
ich trotzdem. Die Kliniken werden sich schon anpassen, denn wir sind jetzt
schon viel mehr Frauen. Und mit Kind ist man eben einige Zeit etwas unflexibler.“